I. Akt
1. Scene: Moses Berufung
2. Scene: Moses begegnet Aron in der Wüste
3. Scene: Moses und Aron verkünden dem Volk die Botschaft Gottes
4.Scene Zwischenspiel

II. Akt
1. Scene: Aron und die siebzig Ältesten vor dem Berg der Offenbarung
2. Scene
3. Scene: Das goldene Kalb und der Altar
4. Scene
5. Scene: Moses und Aron

III. Akt (nicht komponiert)
1. Scene


1. Akt
Moses Berufung (1. Scene)


Moses begegnet Aron in der Wüste (2. Scene)

Moses und Aron verkünden dem Volk die Botschaft Gottes (3. Scene)

»Bringt ihr Erhöhrung« (4. Scene)

»Allmächtiger, meine Kraft ist zu Ende«

»Ein Wunder erfüllt uns mit Schrecken«

»Erkennt euch darin«

»Er hat uns auserwählt«

Zwischenspiel

2. Akt
Aron und die 70 Ältesten vor dem Berg der Offenbarung (1. Scene)

Das goldene Kalb und der Altar (2. Scene)

Aron: »Dieses Bild bezeugt«

Feierlich (Takt 320)

Tanz der Schlächter

Eine Kranke: »O Götterbild!«

Rasch (Takt 497)

Orgie der Trunkenheit und des Tanzes

4 Nackte Jungfrauen: »O goldener Gott«

Ziemlich rasch (Takt 824)

»Moses steigt vom Berg herab« (4. Scene)

Moses und Aron (5. Scene)

>>> Libretto | Quellen

AUFFÜHRUNGSDAUER: ca. 95 Min.

VERLAG: Schott

Moses und Aron - Werkanalyse

Die Oper »Moses und Aron« basiert auf einer einzigen Zwölftonreihe:
Die Verwendung der Reihe in den Formen Umkehrung (U), Krebs (K) und Krebsumkehrung (KU) sowie die Möglichkeit der Transposition auf alle 12 Tonstufen stellt einen enormen Tonvorrat zur Verfügung.
Eine nochmalige Erweiterung ergibt sich aus der horizontalen und vertikalen Verwendungsmöglichkeit sowie der simultanen Kombination der Reihenformen.
»Der erste Einfall einer Reihe erfolgt stets in Form eines thematischen Charakters.« (Arnold Schönberg) Die Reihe an sich stellt bereits eine Abstraktion der primären musikalischen Idee dar, sie wird aus den Themeneinfällen des Komponisten generiert.

I. Akt 1. Szene: »MOSES Berufung«
Schönberg plante 1926 eine Kantate »Moses am brennenden Dornbusch«; der Text und vermutlich auch musikalisches Material sind in die erste Szene des I. Aktes miteingeflossen, die in ihrer mehrteiligen Anlage und der Besetzung durch Sprecher (MOSES), solistisches Vokalensemble und Sprechchor (als Stimme Gottes) durchaus kantatenhafte Züge aufweist. Zudem findet in dieser Szene keinerlei Bühnenaktion statt. Musikalisch gliedert sich die Szene in vier Sektionen und eine Coda: zunächst (1) alternieren die Stimme Gottes – anfangs mit akkordisch gesetzten Vokalisen, dann mit Text – und MOSES; die Mission MOSES’ wird bekanntgegeben: »Dein Volk befrein!«. Daraufhin (2) gibt der skeptische MOSES mit drei Fragen Stichwörter für die Ausführungen Gottes. Auf seinen vierten Einwand hin, »ich kann denken, aber nicht reden«, folgt ein kurzes Orchesterzwischenspiel, das die kommende Antwort Gottes (3) – »Aron soll dein Mund sein« – umso gewichtiger macht: durch die Etablierung eines eigenen Formteils wird diese Aussage, die den inhaltlichen Konfliktstoff der Oper birgt, auf eine höhere Bedeutungsebene als die vorherigen Antworten gehoben. Vokalensemble und Sprechchor verkünden nun die Entscheidung Gottes (4), ein Volk auszuwählen, und verheißen diesem eine neue Zukunft. In der Coda vollzieht sich die Rückkehr zum konkreten Handlungsverlauf: MOSES soll ARON in der Wüste treffen. Die erste Szene dient somit als Einführung in die Situation, legt den Konflikt zwischen MOSES und ARON an und gibt einen Ausblick auf den weiteren Verlauf der Oper: auf MOSES’ Mission – zum einen die Befreiung von den falschen Göttern, zum anderen die Befreiung des Volkes – und die drei Wunder.
2. Szene: »Moses begegnet Aron in der Wüste«
Musikalisch und inhaltlich schließt die zweite Szene direkt an die Introduktion an: die Brüder MOSES und ARON treffen in der Wüste aufeinander. Obwohl nun zwei Personen auf der Bühne stehen, ist auch hier die Handlung auf verbale Aktionen beschränkt. Im Verlauf der Szene wird deutlich, welch unterschiedliche Positionen MOSES und ARON zu Gott einnehmen: ihr Dialog ist kein echter, sondern aufgrund verschiedener Interpretationen ein »Aneinandervorbeireden«. Schönberg gestaltet dies musikalisch durch weitgehende Simultanität der vokalen Partien. Mit dem Eintritt ARONS in das Geschehen erklingt zum ersten Mal der vollständige Verlauf der Zwölftonreihe, zudem nacheinander in allen vier Reihenformen: der Grundform, der Umkehrung, dem Krebs und der Krebsumkehrung.
Besonders hervorzuheben ist MOSES’ an ARON und die Allgemeinheit gerichteter Appell »Reinige Dein Denken«: es ist die einzige Stelle in der Oper, in der MOSES (Sprecherrolle) die Möglichkeit gegeben wird zu singen. Sein zwölftöniges Thema besteht aus der Umkehrung der Reihe.
3. und 4. Szene: »Moses und Aron verkünden dem Volk die Botschaft Gottes«
Die dritte Szene gliedert sich dramatisch wie auch musikalisch in zwei Teile: in die Ankündigung des neuen Gottes und die Erwartung der Ankunft von MOSES und ARON durch das Volk. Im ersten Teil stehen sich die drei Gläubigen, die sich zum »neuen Gott« bekennen, und der PRIESTER, der an den alten Göttern festhält, gegenüber; das Volk nimmt eine passive, emotionale Haltung ein. Die drei aufeinander bezogenen Abschnitte der Gläubigen bilden das Gerüst, sie alternieren mit Chorabschnitten und Soli des PRIESTERS. In der Exposition stellen MÄDCHEN (1), JÜNGLING (2) und MANN (3) ihre Themen sukzessive vor. Dabei ist auf eine Eigenart des ersten Themas hinzuweisen – es ist nach dem Prinzip der fortschreitenden Wiederholung aus dem Krebs der Reihe gebildet:
Das zweite Thema (JÜNGLING) ist die Umkehrung dieser Form.
Das Thema des MANNES (3) dagegen ist in Hinblick auf die spätere Kombination der Themen relativ frei gebildet.
Bei Wiederaufnahme der Gläubigen-Abschnitte kommt es zu einer zunehmenden kontrapunktischen Verdichtung: die erste Wiederaufnahme kombiniert die Vordersätze der Themen 3 (in Umkehrung) und 2, dann von 3 und 1, wobei die Zuordnung der Themen zu den Personen nicht der Exposition entspricht. In der zweiten Wiederaufnahme sind die Themen den »richtigen« Personen zugeordnet, alle drei werden nun simultan kombiniert.
Der ersten und zweiten Wiederaufnahme folgen fugal gestaltete Chorabschnitte, die das musikalische Material der Gläubigen verarbeiten, darin eingelagert sind die Partien des PRIESTERS. Im Verlauf der Handlung teilt sich das Volk in Zweifler und Befürworter, erstere scheinen gegen Ende ins Orchester abgedrängt worden zu sein; in der Coda kommt es jedoch zur endgültigen Polarisierung des Volkes in zwei Gruppen – satztechnisch wird dies durch Spaltung des Chores realisiert.
Im zweiten Teil der Szene ist die wachsende Erwartung des Volkes, welches das Näherkommen MOSES’ und ARONS beobachtet, auskomponiert. Zunehmende satztechnische Verdichtung, Beschleunigung des Tempos und die Gestaltung der Klanggruppen dienen einer großen Steigerung, die ihren Kulminationspunkt in den drei Schlusstakten »Und sind jetzt da!« findet.
In der großangelegten vierten Szene treffen nun zum ersten Mal alle bis dahin aufgetretenen Figuren zusammen, erst hier wird die Überschrift »Moses und Aron verkünden dem Volk die Botschaft Gottes« eingelöst. Der Chor setzt mit einer Doppelfuge ein, die beiden Subjekte der Fuge, die in Alt und Sopran exponiert werden, benutzen Krebs und Umkehrung der Reihe. Im folgenden Abschnitt, in dem ARON das Volk von Gott zu überzeugen versucht, korrespondieren die vielen agierenden Personen mit bereits in anderen Teilen gehörtem musikalischen Material. So bezieht sich der kurze Abschnitt, in dem MOSES und ARON gemeinsam vor das Volk treten, auf die Musik des 2. Aktes. ARON scheitert zunächst an der Uneinlösbarkeit der Forderung des Volkes, den neuen Gott zu sehen. Das Volk reagiert daraufhin entschieden ablehnend: »Wir wollen von ihm nicht befreit sein!« In keinem anderen Teil der Oper wird der Dreiklang so pointiert eingesetzt, so dass die Vermutung naheliegt, dass Schönberg ihn hier symbolisch den Zweiflern zuordnet. MOSES resigniert: »Mein Gedanke ist machtlos in Arons Wort!« Diese Takte zitieren die Musik zu MOSES’ Einwand vor Gott (1. Szene: »Meine Zunge ist ungelenk.«). Doch ARON übernimmt nun die Initiative: »Das Wort bin ich und die Tat!« und entreißt MOSES seinen Stab. Das erste Wunder, die Verwandlung des Stabes – als Sinnbild des starren Gesetzes und der Herrschaft – in eine Schlange – Symbol der Redegewandtheit und ARONS intellektueller Überlegenheit – überzeugt das Volk von der Macht des neuen Gottes und läßt es einen Hymnus in Form einer Choralbearbeitung, mit Cantus firmus im Bariton, anstimmen.
Nach dem Einwand des PRIESTERS vollführt ARON das zweite Wunder, den Aussatzbefall von MOSES’ Hand und seine Heilung. Parallel zum ersten Wunder fällt das Volk wieder in eine Lobeshymne ein: der Cantus firmus, nun mit dem Text »Durch Aron läßt Moses uns sehen«, liegt im Mezzosopran des Chores. Aufgewiegelt durch den MANN, der kurzzeitig die Führung übernimmt, will das Volk in die Wüste ziehen. Dem Einwand des PRIESTERS »Wovon soll Euch die Wüste ernähren?« begegnet MOSES mit: »die Reinheit des Denkens«, ARON dagegen verspricht dem Volk mehr: die Umwandlung des Sandes in Frucht, in Gold, in Wonne und schließlich in Geist. Das dritte Wunder, die Verwandlung des Nilwassers in Blut, das die Notwendigkeit der Befreiung vom Pharao demonstriert, überzeugt das Volk gänzlich. Es erfährt nun erstmals aus ARONS Mund von Gottes Verheißung und wiederholt diese in ehrfürchtigem Staunen. Nochmals erklingt der Hymnus des Volkes, jetzt mit strenger Imitation des Cantus firmus, gesteigert bis zur Apotheose »Wir werden frei sein!«, dem Ende des I. Aktes.

Zwischenspiel
Das Zwischenspiel dient als Prolog zum II. Akt, es führt in den Stimmungswechsel ein, der sich in den 40 Tagen nach dem Weggang MOSES’ beim Volk vollzogen hat. Mezzosopran und Tenor exponieren die beiden Themen der Doppelfuge (Dux I und II), die bei noch geschlossenem Vorhang erklingt. Der Comes beider Themen, nachfolgend von Alt und Bass vorgetragen, ist nicht die einfache Transposition, sondern die Umkehrung der Themen im Sinne einer Fuga in contrario motu.

II. Akt 1. und 2. Szene »Aron und die siebzig Ältesten vor dem Berg der Offenbarung«
In der ersten Szene des II. Aktes wird der gesetzlose Zustand, der seit MOSES’ Abwesenheit herrscht, vom PRIESTER und den 70 ÄLTESTEN beschrieben. Solistische Einwürfe der ÄLTESTEN nennen konkrete Beispiele für den Missstand, aus dem Hintergrund deutet der PRIESTER die Ursache der Unruhen an »Unvorstellbares Gesetz des unvorstellbaren Gottes!« ARON mahnt: »Erwartet die Form nicht vor dem Gedanken!« Vom erregten Volk verursachter Lärm hinter der Bühne schafft die Verbindung zur zweiten Szene. Zum einzigen Mal in der Oper kommt dem Volk hier eine treibende Rolle zu, es bringt die 70 ÄLTESTEN und ARON in Bedrängnis, indem es die Wiedereinsetzung der alten Götter fordert und dabei sogar vor physischer Gewalt nicht zurückschreckt. Die verängstigten ÄLTESTEN geben ARON das Wort. ARONS Sicherheit schwindet bald und er selbst zweifelt: »Vielleicht hat er ihn getötet!« Das Volk fühlt sich dadurch in seiner Forderung nach den alten Göttern bestätigt. Musikalisch bezieht sich dieser kontrapunktisch äußerst komplexe Chorabschnitt auf das Zwischenspiel. ARON, dem das Wohl des Volkes wichtiger ist als Gott, gibt nach: »Ihr sollt glücklich werden!« und gewinnt damit die Handlungsinitiative zurück. In der Anrede »Volk Israels!«, mit der beide Einsätze ARONS beginnen, gibt es einen markanten Unterschied: war bei der ersten Anrede noch die aufsteigende Sexte als Symbol des von Gott berufenen Volkes eingesetzt, so gibt die zweite Anrede dem Volk auch musikalisch die heidnischen Götter zurück:
Das Volk feiert ARONS Entscheidung mit Jubelrufen, die großangelegte Steigerung führt zur Hymne des Volkes, die auf dem Wechsel von Refrain – von Schönberg auch als »Reigen« bezeichnet – und Couplets beruht. Der Refrain bedient sich eines vergleichsweise einfachen Musters, seine Melodie wird von der Flöte exponiert, gleichzeitig erklingt eine Variation in Chor-Alt und Chor-Tenor:
3. Szene: »Das Goldene Kalb und der Altar«
Die dritte Szene des II. Aktes bildet den insgesamt umfangreichsten Teil der Oper. Erst hier werden die dramatischen Möglichkeiten der Bühne ausgenutzt, das Agieren an sich gewinnt an Bedeutung. In dieser Szene bleibt das Volk unter sich, weder MOSES noch ARON – mit Ausnahme des ersten kurzen Rezitativs, das inhaltlich wie musikalisch noch zur vorhergehenden Szene gehört – sind anwesend. Aus der anonymen Volksmasse treten einzelne Gruppen, wie z.B. die KRANKEN, die BETTLER und BETTLERINNEN und die GREISE hervor. In der ganzen Szene werden – als Gegenbild zu MOSES’ Gottidee – heidnische Kultrituale thematisiert: in acht musikalischen Sektionen nehmen verschiedenste Arten von Opferungen, Zerstörungen, Tötungen und zuletzt Fruchtbarkeitskulte ekstatische Ausmaße an. Eingewoben darin sind die Wandlungen der drei Gläubigen (I. Akt): der JÜNGLING wird zum Märtyrer, das MÄDCHEN zur fanatischen Opferjungfrau und der MANN (EPHRAIMIT) ist nun Anführer der 12 STAMMESFÜRSTEN. »Verehrt Euch selbst in diesem Sinnbild!« ARON deutet in seinem einleitenden Rezitativ (1) unter dem Druck des zweifelnden Volkes das goldene Kalb als Sinnbild Gottes. Der Verherrlichung des Götzen steht nun nichts mehr im Wege: Opfergaben, von Paukenschlägen und Fanfaren ankündigt, werden eilends herbeigeschafft, während ein sich im Tempo auf das Doppelte steigernder instrumentaler Satz (2) erklingt. Nach einer kurzen Überleitung, in welcher der volle Orchestersatz geschickt reduziert wird, setzen im dritten, kammermusikalischen Teil wieder Vokalstimmen ein. Schönberg schrieb zu dieser Episode, die der Darstellung des Pathologischen gewidmet ist, eine im drei- und vierstimmigen streng polyphonen Satz angelegte »Musik von gequälter Innerlichkeit« (Karl Heinrich Wörner). Im nur von Oboe und Englischhorn begleiteten Alt-Solo der KRANKEN, die durch ein Wunder geheilt wird, symbolisiert der kaum eine Oktave umfassende Tonraum (as-g’) die Fesselung an das Krankenlager – die folgende Fortspinnung mit ihrer Erweiterung bis f’ den Übergang zur Bewegung.
Nach einem instrumentalen Zwischenspiel wandert das Thema der KRANKEN als Begleitschicht zum Gesang der BETTLER in die Bassstimme. Die Coda des Teils bildet der Opfertod der GREISE. Die folgende Sektion (4) wird durch das Posaunensignal aus Sektion 2 eingeleitet, das hier die weltliche Führungsschicht ankündigt. Musikalisch gliedert sich diese Sektion deutlich in drei Teile, wobei der letzte die Reprise des ersten – mit Wiederholung des Posaunensignals und Zusammenfassung der wichtigsten thematischen Figuren – darstellt. Im Mittelteil, in dem der JÜNGLING auftritt, nimmt die Musik Bezug auf das ihm zugehörige Material der 3. Szene des I. Aktes. Die folgende Sektion (5), betitelt mit »Orgie der Trunkenheit und des Tanzes«, gestaltet Schönberg durch Tempo- und Taktwahl als ausgelassenen Walzer. Die »Orgie der Vernichtung und des Selbstmordes« (6), insbesondere das Blutopfer der JUNGFRAUEN, bildet den Kulminationspunkt im Tanz um das goldene Kalb. Das MÄDCHEN, nun fanatische Anhängerin der alten Götter, ist eines der Opfer, ihr Solo bezieht sich dementsprechend wiederum auf die dritte Szene des I. Aktes. Eine einzigartige Stellung in der Oper nimmt das homophone, frei-tonale Soloquartett der vier JUNGFRAUEN ein. Von den acht Abschnitten des Quartetts, die durch kurze Pausen voneinander getrennt sind, entsprechen sich der zweite und vierte durch dieselbe Melodie der 1. JUNGFRAU (MÄDCHEN), im siebten Abschnitt wird diese Melodie dann als Krebs wiederholt:
Dem Todesseufzer der JUNGFRAUEN ist eine variierte Fassung des Walzerthemas aus dem vorhergehenden Abschnitt unterlegt. In der siebten Sektion greifen Verwüstung und Selbstmord um sich, begleitet von einem rhythmisch prägnanten Orchestersatz. Nach einem kontrastierenden Mittelteil, der zwei kurze thematische Gedanken präsentiert, wiederholt sich der erste Teil im doppelten Tempo, damit wird die bereits im Anfangsteil vorbereitete Beschleunigung verstärkt. Die Szene beschließt die »Erotische Orgie« (8), die sich als aus kurzen Taktgruppen locker gefügter Satz ohne eigene Thematik darstellt; durch die Aneinanderreihung verschiedener motivisch-thematischer Gestalten aus vorhergehenden Sektionen bietet er ein Resümee der gesamten Szene. So erklingen das Reigenthema der zweiten Szene, das Kernmotiv der Gläubigen aus dem I. Akt bzw. der vierten und sechsten Sektion und das Walzerthema aus der fünften Sektion.
4. Szene
Mit nur 18 Takten ist dies die kürzeste Szene der Oper. Dennoch bedeutet die in ihr stattfindende Aktion einen wichtigen Wendepunkt in der Handlung: MOSES steigt vom Berg der Offenbarung hinab, sieht das Kalb und zerstört es mit seinem Wort. Die Musik bleibt ohne motivisch-thematische Elemente, sondern vermittelt vielmehr ein Klangbild, das zunächst zersplittert ist, sich dann jedoch zu einer in sich bewegten Klangfläche entwickelt.
5. Szene
Analog zur zweiten Szene des I. Aktes kommt es hier wieder zu der Begegnung zwischen MOSES und ARON. Zudem bezieht sie sich auf die vierte Szene des I. Aktes, in der Aron das Volk durch seine Reden überzeugt; hier gewinnt er durch seine Redekunst die Oberhand über MOSES. Dies spiegelt auch die Musik wider: ARONS thematischem Material kommt zunehmende Bedeutung zu. Im Unterschied zur Parallelstelle findet hier allerdings ein realer Dialog statt, der aus drei Teilen besteht: zunächst den wechselseitigen Vorwürfen und der Rechtfertigung ARONS, dann der Auseinandersetzung über den rechten Weg der Vermittlung des Glaubens, in der sich die Meinungen: »Ich liebe dieses Volk« (ARON) – »Ich liebe meine Gedanken« (MOSES) gegenüberstehen. ARON gewinnt zunehmend seine Sicherheit wieder, er deutet nun auch MOSES’ Gesetzestafeln als Bild, worauf MOSES diese zerstört und verstummt. ARON erläutert daraufhin seinen Weg der Glaubensvermittlung und kehrt zum hymnischen Gesang der zweiten Szene des I. Aktes zurück. Der nachfolgende Chorgesang zitiert Text und Musik vom Ende des I. Aktes. Der verbitterte Monolog MOSES’ schafft den Rückbezug zur Gesprächssituation der 1. Szene, diesmal jedoch schweigt Gott. Mit dem Ausruf »O Wort, du Wort, das mir fehlt!« sinkt MOSES zu Boden.
Mit der Wiederaufnahme von Teilen des I. Aktes zu Ende des II. Aktes gelingt es Schönberg, den Bogen zum Anfang zu schlagen und so den Zusammenhalt der beiden Akte zu befestigen.

III. Akt: »Arons Tod«
»Moses und Aron« blieb Fragment: Musik zum III. Akt existiert nur in Form einiger Skizzen; der Text hingegen wurde – wenngleich auch nicht als endgültig betrachtet – fertiggestellt. An Versuchen, den Akt zu vollenden, mangelte es nicht, wie folgende Briefstellen belegen: »Ich will den dritten Akt meiner Oper so rasch als möglich (ich hoffe in drei Monaten) vollenden« (an die Universal Edition, 11. Juli 1932) »Jetzt will ich arbeiten: ›Moses und Aron‹ III. Akt ...« (an Alban Berg, 16. August 1934) »Dann aber plane ich [...] ›MOSES und ARON‹ endlich fertig zu komponieren.« (an Peter Lafite, 27. März 1946) »Wenn ich arbeiten könnte, [...] am liebsten die ›Jakobsleiter‹ und ›MOSES und ARON‹« (an René Leibowitz, 5. November 1948)


Libretto und Einführung als PDF