Schönberg an C. F. Peters, 3. Januar 1914 (Staatsarchiv Leipzig)

Durch das Staatsarchiv Leipzig erhielt das Arnold Schönberg Center Digitalisate der Korrespondenz Arnold Schönbergs mit dem Verlag C. F. Peters. Diese wichtigen Dokumente, u. a. zur Publikationsgeschichte der Fünf Orchesterstücke op. 16, sind nun online zugänglich.

"Sehr geehrter Herr! Gestatten Sie mir die Anfrage, ob Sie für die Publikation Ihrer Werke freie Hand haben und ob Sie – bejahenden Falles – bereit wären der Edition Peters Manuskripte zu überlassen. Ich bringe Ihren Werken Interesse entgegen und wäre nicht abgeneigt, […] ein oder das andere opus von Ihnen in der Edition Peters zu publizieren." Am 12. Oktober 1911 eröffnete der Leipziger Verlag C. F. Peters den Briefwechsel mit Arnold Schönberg, dessen ausführliche Antwort neben zahlreichen anderen Dokumenten im Staatsarchiv Leipzig aufbewahrt wird. Auf Initiative des Musikwissenschaftlers Florian Giering, der im Rahmen seiner Masterarbeit eine Hybrid-Edition dieses Briefwechsels erarbeitet, wurden Digitalisate des gesamten Bestandes an das Arnold Schönberg Center übergeben und über die Korrespondenzdatenbank zugänglich gemacht.
Schönberg zeigte sich über das Schreiben erfreut, mahnte aber, "daß meine Musik im Notenbild so ungewöhnlich aussieht, daß die besten Musiker sich keine Vorstellung vom Klang und von der Wirkung machen können [weshalb] man meine Sachen eigentlich ohne sie anzuschauen, bloß aus Vertrauen zu dem Menschen, der aus ihnen spricht, erwerben muß". (19. Oktober 1911) Verlagsleiter Henri Hinrichsen ließ sich nicht irritieren: "Daß ein großer Teil unserer Musiker einstweilen vor Ihren Werken ‚Angst‘ haben und drei Kreuze (aber nicht musikalische) machen, ist mir wohlbekannt, schreckt mich aber nicht." (23. Oktober 1911)
Der Briefwechsels behandelt vor allem die Publikations- und Rezeptionsgeschichte der Fünf Orchesterstücke op. 16 – darunter auch Dokumente wie ein durch den Dirigenten Wilhelm Furtwängler unterzeichneter Empfangsschein für Leihmateriale, die für eine Aufführung mit den Berliner Philharmonikern im Dezember 1922 bestimmt waren. Weitere Korrespondenz betrifft Volksliedbearbeitungen, die Schönberg für 1930 bei C. F. Peters erschienene "Volksliederbuch für die Jugend" beisteuerte. Das letzte Schriftstück aus dem Leipziger Verlagshaus stammt vom Juni 1940 und betrifft die Freigabe dieser Arrangements für eine erneute Publikation durch Schönberg im amerikanischen Exil. Die jüdische Verlegerfamilie Hinrichsen war damals bereits von den Nationalsozialisten enteignet worden. Henri Hinrichsen wurde 1942 in Brüssel verhaftet und in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, wo er am 17. September ermordet wurde. Schönberg hatte den Verleger geschätzt. Als dieser ihm 1914 ein großzügiges Honorar für den Absatz der Materiale seiner Orchesterstücke auszahlte, antwortete der Komponist: "Ihre Noblesse hat mir eine außerordentliche Freude gemacht. […] ich betrachte es als ein glückliches Symbol für die Wirkung meiner Musik, daß Sie denjenigen, denen sie gefällt, das Bedürfnis erweckt mir Freude zu machen. Ich fühle mich so, wie es in dem herrlichen Gedicht Georges, ‚Entrückung‘ (das den IV. Satz meines II. Quartettes bildet) heißt: ‚Ich bin ein Funke nur vom heilgen Feuer. […]‘ Ich möchte den Menschen, die glauben wollen gerne erzählen von dem heiligen Feuer und wenn Sie mich dann durch Freundschaft und Teilnahme grüßen, möchte ich es unpersönlich nehmen und es der Sache zuwenden; möchte ich wünschen, daß man in mir eine Sache sieht; die Sache, die ich anstrebe: ein tönender Ausdruck der Menschenseele zu sein und ihrer Sehnsucht zu Gott."

Arnold Schönberg und C. F. Peters – Briefwechsel und Dokumente im Staatsarchiv Leipzig