Arnold Schönbergs Walzer für Streichorchester werden am 1. Jänner 2022 einem internationalen Publikum zu Gehör gebracht. Mitglieder der Wiener Philharmoniker interpretieren die Jugendstücke des »konservativen Revolutionärs« im Pausenfilm des Neujahrskonzerts.
März 1896: Professoren der juridischen, medizinischen und technischen Fakultäten der Universität Wien bilden den Ehrenschutz für ein akademisches Tanzkränzchen des musikalischen Vereines »Polyhymnia«. Der für das Faschingsvergnügen vorgesehene Ballsaal im Etablissement Ronacher bot 1.200 Personen Platz und wurde für Bankette, Bälle, Soireen, Hochzeiten und Konzerte genutzt. Zu den vom Amateurorchester der »Polyhymnia« unter der Leitung von Alexander Zemlinsky interpretierten Stücken gibt es keine Aufzeichnung, es ist aber möglich, dass eine Auswahl der (undatierten) Walzer für Streichorchester von Arnold Schönberg bei dieser oder einer ähnlichen Gelegenheit im Folgejahr vorgetragen wurde. Der musikalische Verein wurde im Herbst 1897 aufgelöst.
Zu Schönbergs »Lieblingsmusik« zählten laut Auskunft von Hanns Eisler »zum Teil Wiener Lieder und auch Walzer von Johann Strauß«. Jahrzehnte nach Komposition der Walzer nahm Schönberg in sein theoretisches Hauptwerk Der musikalische Gedanke (1934/36) Notenbeispiele u. a. von Johann Strauß Vater und Sohn, Joseph Lanner, Franz Lehár sowie Johann Schrammel auf, um die »breite Verständlichkeit« dieses Repertoires und dessen »populäre Wirkung« zu verdeutlichen. Wohl kaum hätte er erahnen können, dass der im Musikalischen Gedanken zitierte Radetzkymarsch von Johann Strauß Vater zusammen mit seinen Jugend-Walzern am Neujahrstag 2022 von einem Millionenpublikum zu hören sein würde. Das Manuskript wird im Archiv des Arnold Schönberg Center bewahrt und ist in der Werk-Quellen-Datenbank für ein Millionenpublikum einzusehen.
Neue Freie Presse 11338 (17. März 1896)