Arnold Schönberg Center, Wien

Am 9. Oktober 1912 führte Arnold Schönberg im Berliner Choralionsaal vor geladenen Gästen sein neues Opus auf: Pierrot lunaire op. 21, dreimal sieben Melodramen für Kammerensemble und Sprechstimme. Das Publikum stieß an diesem Abend in eine neue Dimension des Hörens vor.

Schönbergs Konzertagent Emil Gutmann hatte Ende September 1912 an eine Reihe von Kunstfreund:innen gedruckte Einladungskarten zur Teilnahme an der Generalprobe versandt. Die offizielle Uraufführung war für 16. Oktober geplant.

Berlin, im Oktober 1912

P. T.
Sie werden höflichst eingeladen, der Generalprobe zu Arnold Schönberg’s neuestem Werk »Pierrot lunaire«, die für die Kritik und geladene Gäste am Mittwoch, 9. Oktober, pünktlich 8 Uhr abends, im Choralionsaal veranstaltet wird, beizuwohnen.
Konzert=Burau Emil Gutmann
Berlin W 35.

Schönberg
(Für zwei Personen giltig.)

Die Formulierung der Einladung erregte in einem geradezu neuralgischen Punkt den Widerstand des Komponisten, wie sein Brief an Gutmann belegt:

Sie sprachen von einer Generalprobe für geladene Gäste. Darunter verstand ich: Musiker, Künstler etc und nahm an, dass auch (indem ich ein Auge zudrückte!) die Kritik dazukommen werde, soweit sie besser ist und das Werk zweimal hören will. Ich drückte dabei ebenso ein Auge zu, wie beim Conzert, wo sie ja auch unvermeidlicherweise dabei ist.
Aber, Sie kündigen an:
Generalprobe für die Kritik !!!
Und da muss ich Ihnen allen Ernstes sagen; das geht nicht. Ich werde nicht Ihretwegen meinen guten Ruf opfern! Ich habe nicht durch mehr als 15 Jahre alles ohne Rücksicht für die Kritik, sondern geradezu gegen Sie getan um nun plötzlich umzuschwenken. Ich muss Sie daher ersuchen, die nächste Ankündigung so abzufassen: für geladene Gäste! Und bitte: machen Sie mir keine Reklame! Ich mag das nicht! Ich mag nicht zu denen gehören, die um jeden Preis vorwärts kommen wollen. Begreifen Sie mich doch endlich! Besten Gruß Ihr Arnold Schönberg

Kürzlich konnten wir für unser Archiv eine von Schönberg unterfertigte Einladungskarte an Alban Bergs Schwester Smaragda (ehemals verh. von Eger) erwerben. Die inkriminierte Stelle ist eigenhändig ausgestrichen. Dreimal!